Fristlose Kündigung infolge schweren Mangels

Den Mietvertrag für eine neue Wohnung zu unterschreiben, ist ein freudiges Ereignis. Die Suche hat ein Ende und die Weichen für einen neuen glücklichen Lebensabschnitt sind gelegt. Doch was passiert, wenn der neue Wohntraum zum Albtraum wird? In diesem Sonderfall ist schädlicher Staub die Ursache für einen schweren Mangel, welcher das Leben der Mieter in der Mietwohnung unerträglich machte. Doch ist das ein Grund für eine gerechtfertigte fristlose Kündigung?

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Ausgangslage

Der Traum von einem Erstbezug in eine Mietwohnung sollte für Herrn A. und Frau B. endlich wahr werden. So schloss das Paar im Sommer 2010 voller Begeisterung einen Mietvertrag für eine 4.5-Zimmer-Dachwohnung im Neubau zu einem Mietzins von Fr. 2 750 ab. Infolgedessen wurde der Mietbeginn auf den 1. September 2011 gelegt, wobei das Paar bereits am 16. August einzog. Bis zu diesem Zeitpunkt stand die Wohnung seit der Fertigstellung 2009 leer. Wie üblich wurde beim Einzug ein Wohnungsübergabeprotokoll erstellt, welches festhielt, dass die Wohnung mängelfrei übergeben wurde.

Leider änderte sich diese Tatsache schon bald und Herr A. und Frau B. kontaktierten den Vermieter bezüglich einer Mängelrüge betreffend Kondensat auf dem Kochherd und Wasserspuren auf einem Dachbalken. So trafen sich die unterschiedlichen Parteien am 4. Februar 2011 in der gemieteten Dachwohnung. Sowohl der Vermieter, die Mieter als auch der Bauleiter nahmen an diesem Treffen teil.

Während dieses Termins wiesen die Mieter den Vermieter ebenfalls darauf hin, dass das überdurchschnittliche Auftreten von Staub in der ganzen Wohnung die Mieter belastete. Der Vermieter vernahm das nebenbei und ging nicht weiter auf diese Bemerkung des Paares ein.

Leider wurden die Staubablagerungen immer schlimmer und die Mieter kontaktierten die Verwaltung am 22. Februar 2011 erneut. Daraufhin nahm die Verwaltung einen Augenschein, um die Situation besser beurteilen zu können. Vor Ort dokumentiere die Verwaltung die Situation mit Fotos und stimmte den Mieter zu. Anschliessend wandte sich die Verwaltung in Form einer E-Mail an den Bauleiter und berichtete über die erheblichen Staubablagerungen. So lagerten sich der Staub mittlerweile in der gesamten Wohnung ab und war ebenfalls in den Kästen und Schubladen vorzufinden. Zudem schrieb die Verwaltung, dass der Staub Reizhusten und brennenden Augen bei den Mietern auslöste und die Verwaltung verwundert sei, dass Herr A. und Frau B. dieses Problem nicht schon lange gemeldet haben.

Staubbefall als schwerer Mangel deklariert

Nun ging es darum, eine passende Lösung zu finden. Herr A. und Frau B. waren davon überzeugt, dass der Staubbefall als schwerer Mangel zu deklarieren ist und Sie sofort aus der Wohnung ausziehen möchten und verlangten eine Mietzinsreduktion von 100 Prozent und Schadensersatz für die Zeit, in der sie unter schweren Einschränkungen litten. Leider gab es zwischen den Parteien keine Einigung und so fanden sich diese vor Gericht wieder. Nun lag es an den Mietern, die folgenden Punkte zu beweisen, um eine fristlose Kündigung (Art. 259b lit. a OR) zu rechtfertigen. Denn diese hatten das Mietobjekt auf eigenes Risiko bereits frühzeitig verlassen.

1.Punkt – Schwerwiegender Mangel gegeben

De facto hatten die Mieter der Verwaltung gemeldet, dass sich weisser, klebriger Staub in der ganzen Wohnung verteilt, sich in Schubladen, Ritzen, in Kleider, Schuhen, dem Geschirr und auch auf dem Bettbezug ablagert. Dieser Zustand wurde von der Verwaltung fotografisch festgehalten und schriftlich bestätigt. Des Weiteren vernahm die Nachbarin in der darunter liegenden Wohnung, dass die Mieter ab diesem Zeitpunkt mehrmals täglich staubsaugten, um den Staub einigermassen zu entfernen.

Aufgrund dieser Beweise konnte ein schwerwiegender Mangel nicht bestritten werden und eine weitere beweismässige Abklärung war nicht notwendig.

Sonderfälle und Gerichtsurteile Mietrecht

2. Punkt – Gesundheitliche Folgen für die Mieter

Des Weiteren klagten die Mieter über gesundheitliche Folgen, welche die Staubablagerungen auslösten. Infolgedessen wurde durch das EMPA eine Überprüfung durchgeführt, welche ergab, dass die Staubablagerungen aus dem Mietobjekt aus den Elementen Kalzium, Chlor, Kohlenstoff, Magnesium und Sauerstoff bestanden. Überdies hinaus wiesen die Experten in einem wässerigen Extrakt grosse Mengen Chlorid nach. Folglich bestätigte der Prüfbericht, dass die Ablagerungen aus mehrheitlich aus chloridhaltigen Stoffen bestand.

Da die Mieter über anhaltenden Reizhusten und gerötete Augen klagten, suchten diese Ihren Hausarzt auf. Dieser bescheinigte seinen Patienten, dass diese die Wohnung aus gesundheitlichen Beschwerden verlassen müssen. Zudem zeigte der Hausarzt H. auf, dass alle Verbindungen mit Chlor toxisch sind, sobald diese mit Feuchtigkeit bzw. mit den Schleimhäuten in Verbindung kommen.

Was ebenfalls diesen Sachverhalt bekräftigte, war, dass die Reinigungskraft der Mieter ebenfalls unter denselben Beschwerden litt, wodurch ausgeschlossen konnte, dass eine andere Ursache diese Beschwerden hervorrufe.

«Ein Mangel, der eine Gesundheitsgefährdung bewirkt, beeinträchtigt die vitalen Interessen der Mieter und ist als ein schwerwiegender Mangel zu qualifizieren». – BWO Admin

3. Punkt – Sind die Mieter selber schuld?

Der Vermieter hingegen war überzeugt, dass diese Staubablagerungen durch Verschuldung der Mietpartei zustande kamen. Diese klebten die Lüftungsschlitze der Zwangsbelüftung zu, um den Staub abzuhalten. Der Vermieter behauptete, dass daraus ein Unterdruck resultierte, welcher zu chloridhaltigen Ausblühungen der Möbel führte.

Der Prüfbericht von Dr. R. sagte allerdings etwas anderes. Es sei zwar möglich, dass durch Fogging auch aus Einrichtungsgegenständen oder Heimtextilien Chloride ausgestossen werden können, sich es in diesem Fall allerdings weder um Fogging noch um einen Pilzbefall handelte. Folglich war anhand dieser Beweise auszuschliessen, dass der Unterdruck in der Wohnung zu Ausblühungen der Möbel führte.

4. Punkt – Frist zur Behebung nicht eingehalten

Obwohl der Vermieter von dem Mangel wusste, hielt sich dieser nicht an die von den Mietern gegebene Frist für eine Behebung. Rechtlich ist es gegeben, dass die Mieter Anrecht auf eine Kündigung haben, wenn der Vermieter den Mangel kennt und diesen nicht in einer angemessenen Frist behebt. Dies war in dieser rechtlichen Streitigkeit eindeutig der Fall. So wusste der Vermieter bereits seit dem 4. Februar 2011, spätestens seit dem 22. Februar 2011, über den Mangel Bescheid und hatte bis zu 18. April Zeit, etwas gegen den gerügten Zustand zu unternehmen. Allerdings liess dieser die 55 Tage verstreichen, ohne den Mangel zu beheben.

«Die angemessene Frist beginnt bereits dann zu laufen und die Pflicht des Vermieters zur Mängelbehebung innert angemessener Frist setzt bereits dann ein, wenn der Vermieter vom Mangel Kenntnis erhält» – SVIT, Das schweizerische Mietrecht, Kommentar, 3. Auflage, Zürich Basel Genf 2008, (Art. 259b OR N 19)

Aufgrund dessen und merklicher gesundheitlichen Beschwerden verliessen die Mieter das Objekt bereits vor dem Ablauf der von Ihnen gesetzten Frist auf eigenes Risiko. Dieses Risiko stellte sich später allerdings als gerechtfertigt heraus.

Haben die Mieter Recht auf Schadensersatz?

Die Mieter des Mietobjektes pochten zudem auf Schadensersatz für die entstandenen Kosten und Umstände. Laut Art 259e OR haftet der Vermieter für Schäden, den Mieter infolge eines Mangels erleiden, soweit sich der Vermieter nicht exkulpieren kann.

Dies gab es nun ebenfalls zu beweisen.

Schadensersatz bei fristloser Kündigung beweisen ist nicht eifach.

1. Punkt – Kosten infolge notwendiger Kündigung

So mussten die Mieter beweisen, dass die notwendige fristlose Kündigung Ihnen beträchtliche Kosten verursacht hat. Diese begründeten Herr A. und Frau B. mit den Reinigungs-, Installations- und Gutachterkosten, ferner den Ersatzanschaffungen für durch den Staubbefall beschädigte oder nutzlos gewordene Gegenstände. Die Begründung erfand das Gericht als gerechtfertigt und stimmte den Mieter zu, dass dieser finanzielle Aufwand vom Vermieter gedeckt werden muss.

2 . Punkt – EMPA-Gutachen

Zudem haben die Mieter die Rechnung für das EMPA-Gutachten in der Höhe von Fr. 1’118.90 bezahlt, welche Sie vom Vermieter zurückerstatten haben wollten.

Dabei war es nicht relevant ist, wer das Gutachten angefordert hat, sondern dass dieses aufgrund eines schwerwiegenden Mangels in Auftrag gegeben wurde. Da dieser schwerwiegende Mangel bewiesen werden konnte, war der Vermieter dazu verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen.

3. Punkt – Ersatzwohnung

Wie bewiesen werden konnte, waren die Mieter ebenfalls berechtigt, das Mietobjekt vorzeitig infolge schweren Mangels zu verlassen. Folglich war der Vermieter ebenfalls verpflichtet, die Kosten für die Ersatzwohnung von Fr. 4’976 zu übernehmen.

4. Punkt – Reinigung Kleidung und Bettwäsche

Da der Staub auch in Schränke und Schubladen eindrang, verlangten die Mieter ebenfalls Schadensersatz für den Mehraufwand für die Reinigung der Kleider, Bettwäsche und weitere Textilien in der Wohnung. Daraus resultierten Kosten für die Textilreinigung von Fr. 17’219.70, welche ebenfalls vom Vermieter zu tragen waren.

Fazit

Das Gericht musste in diesem Fall beurteilen, ob die obigen Punkte zugunsten der Mieter vorlagen. Das Resultat dieser Untersuchungen war, dass ein schwerer Mangel der Mietsache ganz klar vorlag. Des Weiteren wurde der Beweis, dass die Mieter den Mangel zu vertreten haben, durch den Vermieter nicht gebracht. Überdies hinaus hat der Vermieter in der angemessenen Behebungsfrist den Mangel nicht beseitigt, wodurch alle Anspruchsgrundlagen durch den Mieter erfüllt wurden. Das heisst eine fristlose Kündigung der Mieter war folglich gerechtfertigt.

Überdies hinaus war der Vermieter verpflichtet, eine Mietreduktion für Februar, März und April 2011 zu 100 % zu leisten, da der Mangel als schwerwiegend qualifiziert wurde, welcher den Mietern das Bewohnen des Mietobjektes unzumutbar gemacht hat. Folglich hat der Vermieter die geleistete Mietzinse zuzüglich Zinsforderungen von 5 % dem Mieter gänzlich zu erstatten. Ebenfalls musste dieser die Kaution den Mietern erstatten. Da die Mieter sämtliche Beweise erbringen konnten, musste der Vermieter schlussendlich tief in die Tasche greifen und einen Schadensersatz von Fr. 51 949.55 CHF zahlen.

Quellen: Datenbank Gerichtsentscheide Schweiz BWO Admin

Gerichtsentscheid

Artikel: Art. 259d OR, Art. 259e OR, Art. 259b lit. a OR

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